Irankrieg - Anfang des Untergangs für die Ukraine?

Der Krieg im Nahen Osten beeinflusst zahlreiche Regionen weltweit. Besonders stark betroffen ist jedoch eine Region ausserhalb Vorderasiens. Dabei stellt sich die zentrale Frage, welche Akteure in diesem Konflikt welche Interessen verfolgen – und wer ein konkretes Interesse daran haben könnte, diesen Krieg weiter anzufachen.

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Laurin Rusterholz

6/24/20254 min read

Der russische Staat finanziert sich mit bis zu 30 % aus Öl- und Gaseinnahmen. Dieser Anteil konnte zwar deutlich verringert werden, lag aber 2011 noch bei 50 %. Dennoch bleibt er stark von den weltweiten Ölpreisen abhängig. Somit macht Russland die aktuellen Energiepreise sehr zu schaffen. Das in Verbindung mit einem verlustreichen Krieg, schwachen Wirtschaftslage und Handelsengpässen bringt das riesige Land in Schwierigkeiten. Wie lange es mit den aktuellen Bedingungen einen derartigen Krieg halten kann, ist fraglich.

Wie viel der Ukrainekrieg für Russland kostet, lässt sich nur schwer abschätzen. Grundsätzlich lässt sich aber die Spannweite von 500 Mio. bis einer Milliarde USD pro Tag eingrenzen. Diese hohen Ausgaben finanzieren zu können, leere Putin den National Wealth Fund. Dieser ist finanziert durch Öleinnahmen aus den letzten 20 Jahren, stabilisiert das Pensionssystem und dient als Entwicklungsboost durch inländische Investitionen durch den Fonds. Langsam aber sicher lösen sich hingegen die liquiden Mittel auf, was Russland vor eine grosse Herausforderung stellt. Gemäss dem Handelsblatt ist der Fonds seit dem Beginn des Krieges um mehr als einem Viertel geschrumpft. Noch diesen Herbst sollen alle liquiden Mittel aufgebraucht sein. 2030 dann schliesslich auch die restlichen Mittel. Angesichts des niedrigen Öls und Gaspreisen wird diese Entwicklung eventuell sogar noch früher eintreten.

Russland ist also gezwungen, zu handeln. Allerdings sind die Optionen beschränkt. Die Sanktionen machen einen Export in die USA oder Europa nahezu unmöglich. Die zusätzliche Abhängigkeit der Öleinnahmen macht Russland erpressbar. China, Indien und die Türkei nutzen dies aus und kaufen das Öl bis zu 15 UDS per Brent unter dem Marktpreis von Russland ab.

China, welches sich im Nahostkonflikt zwar eher zurückhaltend äussert, jedoch klare Interessen verfolgt, achtet genau darauf, nicht zu sehr von Russland abhängig zu werden. Sie haben aus dem Ukrainekrieg und den darauffolgenden Problemen Europas gelernt. Auch wenn Russland der grösste Importeur von Öl und Gas bleibt, kommt der Iran nahezu auf das Niveau von Saudi-Arabien gemäss Reuters. Tendenz stark zunehmend.

Für Russland stellt diese Konkurrenz eine weitere Gefahr dar. Es ist fraglich, in welchem Umfang der Iran heute noch eine Unterstützung für Russland ist. Zwar hat Russland den Vorteil, Waffenlieferungen vom Iran zu erhalten. Allerdings beruht auf Gegenseitigkeit, Russland versorgt den Iran und seine Proxies (Stellvertreter wie die Hisbollah des Irans) ebenen Falls mit Waffen. Laut dem israelischen Militär sind bis zu 60 % der Waffen der Hisbollah von russischer Herkunft. Das ist auch der Ursprung von Israels Waffenlieferung in die Ukraine.

Gleichzeitig positioniert sich Russland immer mehr gegen Israel. Zum einen, um den Iran zu unterstützen, zum anderen, weil beide Machtansprüche in Syrien hatten und haben. Der Sturz von Assad in Syrien war für Russland eine Katastrophe. Obwohl das russische Militär auch heute noch einen direkten Zugang zum Mittelmeer halten konnte, lässt sich das kaum mit der Assad-Zeit vergleichen. Besonders der Stützpunkt in Tartus. Von diesem aus operiert Russland in Afrika. Ohne diesen Stützpunkt ist das russische Militär in diesem Teil der Welt machtlos. Dazu kommt noch, dass die schwächenden iranischen Proxies ebenfalls indirekt den Einflussbereich Russlands schwächen.

Somit lässt sich zusammenfassen, dass Russland sich zwar in der Ukraine in der Offensive befindet, dafür jedoch jedes andere Schlachtfeld gerade am Verlieren ist und sie diesen umfassenden Krieg nicht unendlich weiterführen können. Der Krieg zwischen dem Iran und dem Bündnis Israel-USA könnte allerdings massiv etwas ändern.

Zwei Irakkriege, zahlreiche Putschversuche und Einmischungen wie im Iran 1953, den beiden Irakkriegen oder auch 2011 in Libyen kann der Nahe Osten dem Westen anrechnen. Es ist gut wahrscheinlich, dass der Nahe Osten ohne die Stabilisierungsversuche deutlich stabiler wäre als heute. Der Angriff Israels und nun auch der USA zeigen, dass die Zeit der Interventionen zwar rhetorisch vorbei ist, real jedoch in der gleichen Brutalität weitergeführt wird. Die USA haben einmal mehr gezeigt, dass sie Völkerrechtsbrecher sind. Über die militärische Notwendigkeit eines derartigen Schlages lässt sich streiten, nicht aber über seine juristische Legitimität.

Russland hat also ein Interesse an einem Krieg zwischen den USA und dem Iran. Im Nahen Osten verliert dadurch Israel an Einfluss, da sie ihre Verteidigung konzentrieren muss. Die USA müssen ihren Fokus ebenfalls von der Ukraine oder dem Pazifik in den Nahen Osten verlagern. Die dortig entstandenen Bilder werden die westlichen Medien Jahre prägen und den Ukrainekrieg verdrängen.

Doch wie könnte Russland diesen Krieg angeheizt haben? Der Iran wird kein Interesse an einem Krieg haben, da ihm wohl auch bewusst ist, dass er keine Chance hat. Das Land mit nahezu 100 Millionen Einwohnern ist so geschwächt von den Sanktionen und der Aufrüstung, dass es vermutlich die gesamten Ressourcen in das Atomprogramm gesteckt hat. Letztlich gibt es aber auf diese Frage keine abschliessende Antwort. Jedoch kann vermutet werden, dass beim Atomprogramm schon lange, und insbesondere seit 2025, Russland Hilfestellung geleistet hat. Seit 1990 gibt es eine Kooperation bei zivilen Atomkraftwerken. 2025 wurde ein umfassender strategischer Partnerschaftsvertrag abgeschlossen. Zwar ist nicht alles öffentlich, es ist aber naheliegend, dass der Iran und Russland im Atomprogramm näher kooperieren. Durch die plötzlich starke Anreicherung an Uran wurde Israel und die USA gezwungen, unvorbereitet anzugreifen.

Schliesslich kann man sagen, dass der Krieg im Nahen Osten eine Katastrophe für die globale Sicherheitslage ist. Russland profitiert, während die Ukraine geschwächt wird. Die Frage, ob das ganze von Russland initiiert worden ist, lässt sich nicht klar behaupten. Das ist etwas, was vermutlich Historiker eines Tages herausfinden werden.